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Geschrieben von Jürgen Schwörer,

Funktechnik: digital vs. analog

Funktechnik: digital vs. analog

Seit geraumer Zeit bietet der Markt digitale Funkstrecken. Doch wo liegt denn der Unterschied zu ihren analogen Kollegen und welche Vorteile (aber auch Nachteile) ergeben sich durch diese „neue“ Technologie?

Analoge Funksysteme arbeiten mit der Frequenzmodulation (FM). Dabei wird die Frequenz des Hochfrequenzträgers mit dem Audiosignal moduliert. D. h. die Trägerfrequenz „driftet“ im Rhythmus des Audiosignals ständig nach oben und unten ab (siehe Bild). Bei der Funk-Übertragung können nun Störungen auf das Signal einwirken. Das HF-Signal wird verrauscht, was sich bei der Demodulation wiederum durch ein verrauschtes Audio-Signal bemerkbar macht.

Bei einem digitalen Funkmikrofon wird das analoge Audiosignal der Mikrofonkapsel erst digitalisiert. D. h. das kontinuierliche Signal wird mit einem bestimmten Takt (44,1 oder 48 kHz) und Bit-Tiefe (16 oder 24 bit) abgetastet. Damit liegt das Audiosignal digitalisiert in „1“ und „0“ vor. Nun müssen diese 1er und 0er auf das Trägersignal aufmoduliert werden. Drei Größen der Trägerfrequenz können beeinflusst werden:

ASK – Amplitude Shift Keying: 1 bedeutet hohe Amplitude, 0 k(l)eine Amplitude

FSK – Frequency Shift Keying: 1 bedeutet hohe Frequenz, 0 niedrige Frequenz

PSK – Phase Shift Keying: 0 bedeutet positive Phase, 1 invertierte Phase

In der Praxis kommt die die PSK am häufigsten vor (wie auch bei dem ULX-D Funksystem). Dabei wird aber die Phase üblicherweise in mehr als nur zwei Phasenlagen eingeteilt. Bei der 4PSK werden 4 Phasenlagen genutzt.

Machen wir mal ein Beispiel, damit das ganze etwas greifbarer wird. Wir nehmen das 8bit Wort 10110001 und teilen es in die 4 Bestandteile: 10, 11, 00, und 01. Damit haben wir schon alle 4 Möglichkeiten die auftreten können. Nun weisen wir den 4 Möglichkeiten den Phasenwinkel zu:

00 -> 45°

01 -> 135°

10 -> 225°

11 -> 335°

Bei der FSK (die beim GLX-D Funksystem genutzt wird) kann man diese ebenfalls in mehrere Bits zusammen fassen. Wie oben nehmen wir wieder zwei bits zusammen und kommen so auf die 4FSK:

00 -> 1/4 f

01 -> 2/4 f

10 -> 3/4 f

11 -> 4/4 f

(Diese Frequenzaufteilung gilt nur zur Veranschaulichung. Die Frequenzsprünge liegen bei wenigen kHz.)

Bei der Übertragung des PSK oder FSK Signals treten natürlich ebenfalls Störungen auf. Im folgenden Bild wird dies bei der FSK plus Rauschen angedeutet. Der Empfänger erkennt aber die Phasenlage bzw. die Frequenz des Signals und reproduziert daraus die digitalen Daten. Das Rauschen wird dadurch nicht mit empfangen.

Das im Empfänger demodulierte (digitale) Signal ist also eine 100%-ige Reproduktion des gesendeten Signals. Das führt zu einem störungsfreieren,  besseren Audio-Signal als bei der analogen Signalübertragung und dies ist unabhängig von der Reichweite bzw. Stärke des empfangenen Funk-Signals. Ein passender Vergleich des analogen Funksystems ist das Radio Hören im Auto. Im Sendebereich ist ein rauschfreier Empfang möglich. Wird aber der Sendebereich verlassen, wird das Audiosignal mehr und mehr verrauscht – bis letztendlich nur noch Rauschen vorhanden ist. Genau so verhält sich ein analoges Funksystem.

Bei der digitalen Übertragung tritt eine Beeinflussung des Audiosignals bei höherer Reichweite nicht auf. Erst wenn der Empfang derart schlecht ist, dass die Phasenlage bzw. der Frequenzunterschied nicht mehr erkannt wird (bzw. die eingebaute Fehlerkorrektur die verlorenen bits nicht wieder berechnen kann) beeinträchtigt dies die Klangqualität – allerdings in der Form, dass gar nichts mehr zu hören ist. Auch in dieser Hinsicht ist also eine digitale Funkstrecke „digital“. Entweder gutes Audiosignal – oder gar kein Audiosignal. Dazwischen gibt es nichts.

Eine weitere wichtige Option eines digitalen Funksystems ist die Möglichkeit das Signal zu verschlüsseln. Gerade in abhörkritischen Anwendungen wie Vorstands-Sitzungen wird dies immer wieder gefordert. Manches digitale System wie das ULX-D bietet eine AES256 Verschlüsselung, die als absolut sicher gilt. Damit ist ein abhörsicheres Signal gewährleistet und Empfänger erkennen „ihr“ Trägersignal wodurch auch ein eventuelles Übersprechen von anderen Kanälen verhindert wird.

Ebenfalls kann ein digitaler Empfänger Trägerfrequenzen von Intermodulationen unterscheiden. Somit kann eine wesentlich höhere Kanalanzahl erzielt werden. Sehr interessant in dieser Hinsicht ist der „HD-Modus“ der ULX-D Systeme. Hier können die einzelnen Trägerfrequenzen in einem festen Raster von 125 kHz eingestellt werden. Dies wäre für analoge Funksysteme der absolute „worst case“, denn in diesem Fall würden Übersprechungen der einzelnen Kanäle auftreten. In diesem HD-Modus können also in einem TV Kanal von 8 MHz 63 Kanäle untergebracht werden. Allerdings wird hier auch die Sendeleistung reduziert – und damit die Reichweite auf etwa 30 m begrenzt. Darüber hinaus steigt auch die Latenz.

Und hier sind wir bei den Nachteilen eines digitalen Funksystems angelangt: die Latenz. Insbesondere die Rückwandlung eines digitales Signals in ein analoges benötigt Zeit. Bei unkritischen Anwendungen – wie beispielsweise bei Freisprecheinrichtungen mittels Bluetooth – werden durchaus Latenzen von 200 ms erreicht. Diese Latenz ist natürlich viel zu hoch für Musikanwendungen – oder auch Videoanwendungen bei denen Lippensynchronität erforderlich ist. Deswegen muss bei digitalen Funksystemen auf eine möglichst geringe Latenz geachtet werden.

Das Hochwertige ULX-D System weist eine Latenz von 2,9 ms (3,2 ms im HD-Modus) auf und das GLX-D System, je nach Modus, von 4 ms bzw. 7,3 ms. Diese Verzögerungen sind so gering, dass sie im üblichen Live-Betrieb nicht auffallen. Erst wenn Latenzen von über 10 ms auftreten wird dies vom menschlichen Gehör wahrgenommen. Bei vielen Wandlungen in der Signalkette summieren sich diese Latenzen auf – und das kann dann insbesondere bei Verwendung von In-Ear Monitoring doch mal eine kritische Grenze erreichen. Um eventuelle weitere Wandlungen zu vermeiden, bietet ULX-D gleich eine DANTE Schnittstelle, um das digitale Audio in die Signalkette zu integrieren.

(Anmerkung: auf Latenz reagieren Musiker recht unterschiedlich. Was für den einen schon ein „No Go“ ist wird von anderen noch nicht einmal wahr genommen.)

Eingemachtes:

Bei den üblichen 48 kHz wird also 48000 mal pro Sekunde das Mikrofon-Signal „gemessen“. Die Bit-Tiefe gibt an wie viele „Rasterungen“ zwischen dem leisesten Signal und dem lautesten Signal liegen. Bei 24 Bit sind das 2^24 also  16.777.216.

Das leiseste Signal ist: 000000000000000000000000

Das lauteste Signal ist: 111111111111111111111111

Bei einer Abtastfrequenz von 48 kHz und Bit-Tiefe von 24 bit bekommen wir also: 48.000 * 24 = 1152000 bit pro Sekunde. Dies führt zu einem sehr hohen Datenstrom was zu einer sehr hohen Bandbreite des Frequenzspektrums  führen würde und damit zu einer geringen Anzahl kompatibler Kanäle. Deswegen werden die Daten bei digitalen Funksystemen komprimiert. Das kennen wir sehr gut aus der der Welt von mp3 und Co. Doch welches Kodierungsverfahren nun genau in welcher Funkstrecke steckt – das ist natürlich Betriebsgeheimnis. Nur so viel: „Hearing is believing“

Über den Autor

Jürgen Schwörer

Jürgen ist seit 2000 Applications-Engineer bei Shure und damit Ansprechpartner für alle technischen Fragen insbesondere über die Anwendung von Mikrofonen, Funkmikrofonen und In-Ear-Monitoring – aber auch Mischer, Konferenzanlagen und Phono-Nadeln. Durch sein Elektrotechnik Studium „Bild- und Tontechnik“ an der Universität Karlsruhe erlangte Jürgen die theoretischen Grundlagen. Jürgen ist aber selbst Musiker (Klavier/Keyboard, Gitarre, Cajon) und kennt die Branche auch von der aktiven Seite auf der Bühne.

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